Vortrag einer Rabbinerin: „Macht das, wozu ihr euch berufen fühlt!“
Dafür hatte sie eine schön bebilderte Präsentation vorbereitet. Jede Schülerin hörte interessiert zu. Und es gab einiges zu erzählen. Sie begann ihren Vortrag mit einem Sprichwort: „Eine Frau in der Kanzel ist wie eine Orange auf dem Sederteller.“ Dieses meint, dass eine Frau nicht in die Stelle eines Rabbiners gehört, genau wie eine Orange nicht auf den Sederteller. Übrigens: Ein Sederteller ist Bestandteil des Sederabends, der zum Pessachfest gehört. Auf ihm findet man symbolisches Essen wie ein hartgekochtes Ei und Fruchtmus.
Mit ihrer Präsentation bewies sie, dass das Gegenteil der Fall ist. Sie erzählte zuerst etwas zur Geschichte der Rabbinerinnen, auch über die erste namens Regina Jonas. Außerdem ist Frau Dr. Deusel die erste Rabbinerin, die in Deutschland ordiniert wurde. Sie erzählte uns von ihrer Ausbildung zur Rabbinerin. Der Großteil fand in Jerusalem im Steinsalzinstitut statt. Das Rabbinerkolleg bestand aus vier Männern und ihr. Frau Dr. Deusel erklärt, dass man im Rabbinerkolleg sowohl etwas lernt als auch den anderen etwas lehrt. Nach dem erfolgreichen Abschluss, wurde sie statt Rabbinerin als Rabbiner ordiniert, so ihre Erzählung. Trotzdem beschreibt sie es als ein tolles Erlebnis. Dieses Erlebnis bleibt den während der Pandemie ordinierten Rabbinern verwehrt und es durften nur wenige Leute zuschauen. Heute ist sie Teil der jüdischen Gemeinde am Schillerplatz hier in Bamberg. Ihren Tagesablauf als Rabbinerin beschreibt sie folgendermaßen: Sie sitzt viel am Computer und plant diverse Veranstaltungen oder beantwortet E-Mails. Sie hat sogar drei Telefone zu Hause, die ununterbrochen klingeln. Außerdem spricht und interagiert sie mit jungen und alten Menschen, besonders in Lebenskrisen und Fragen des Glaubens. Sie leitet den Gottesdienst in der Synagoge, der normalerweise von einem Kantor geleitet wird. Jedoch gibt es im Moment keinen, weshalb sie den Gottesdienst übernimmt. Das Jahr eines Rabbiners besteht auch aus der Planung und dem Feiern der traditionellen jüdischen Feste, wie z. B. Rosch ha-Schana, Chanukka oder Pessach, um nur einige zu nennen. Wegen Corona wurde, so erzählte Frau Dr. Deusel, der Sederabend – der erste Abend der Pessachwoche – über eine Videokonferenz gefeiert. Jeder Teilnehmer saß mit einem Sederteller und den entsprechenden Speisen darauf vor dem Bildschirm.
Puuhhh, ganz schön viel. Und ganz schön viele Fachbegriffe, die aber aus dem Religionsunterricht der vorausgehenden Wochen bekannt waren und somit kein Problem darstellten.
Am Ende des Vortrags hatten die Schülerinnen noch ein paar Fragen:
- Was sagt ihre Familie zu ihrem Beruf?
Mit ihrer Familie gibt es keine Probleme.
- Wann/Wie kamen sie auf die Idee Rabbinerin zu werden?
Mit 16/17 Jahren; zunächst war es eine „Witzidee“, die sich dann „immer mehr festigte“. - Was wird in der Prüfung zur Rabbinerin gefragt?
Man macht ein Masterstudium an der Uni. Jedes Semester gibt es Prüfungen in Liturgie, Geschichte, Singen. Bevor man das Studium erfolgreich absolviert, muss man noch eine Rabbinische These aufstellen. Frau Dr. Deusel erklärt, für diese Prüfung kann man nicht lernen, das Wichtigste ist die Menschlichkeit. Wer diese nicht hat, kann das Studium nicht abschließen. - Wie viele Rabbinerinnen gibt es?
In Deutschland gibt es 9 Rabbinerinnen und 150 Rabbiner. Auf der Welt, schätzt Frau Dr. Deusel, gibt es ca.1000 Rabbinerinnen.
Zum Abschluss gab Frau Dr. Deusel uns noch eine wichtige Botschaft: „Macht das, wozu ihr euch berufen fühlt!“ Nach den Dankesworten von Frau Gehringer applaudierte jede Schülerin begeistert, weil sie uns zeigte, dass man auch in Bereichen, den „vermeintlich den Männer zustehen“, man sich auch als Frau gut etablieren kann, wenn man es nur wirklich will.